«Wir geben Vollgas, wenn der Rahmen stimmt!»

    Die einen finden ihre Forderungen faul und egoistisch, die anderen finden diese mutig und richtig. Sie sind derzeit in aller Munde – die Generation Z, Jahrgang 1995 bis 2010, mit ihren hohen Ansprüchen an die Arbeitswelt. Doch was steckt hinter dieser vorlauten und fordernden Fassade? Wir sprachen mit dem Gründer von der Unternehmensberatung Neoviso Yannick Blättler.

    (Bild: zVg) Yannick Blättler gründete vor sechs Jahren während seinem Bachelorstudium das Unternehmen Neoviso.

    «Die Jugend ist die Zukunft von morgen» heisst ein bekanntes deutsches Sprichwort. Für einige Stimmen aus der Wirtschaft und Arbeitswelt ist dies wohl eine Hiobsbotschaft, denn diese Stimmen zweifeln an der Arbeitsmoral der Gen Z. Doch trotz Zweifel der älteren Generationen, dieser Mann glaubt an sie. Der 29-jährige Yannick Blättler ist Geschäftsführer und Gründer des Unternehmens Neoviso. Er verrät uns, wie die Gen Z tickt und weshalb er den Glauben an die Gen Z nicht verliert.

    «Faul, egoistisch und fordernd», so wird die Gen Z oftmals in den Medien beschrieben. Was sagen Sie dazu, stimmen diese Vorwürfe?
    Yannick Blättler: Ja, es ist korrekt, dass sie fordernd sind. Jedoch halte ich von den Aussagen bezüglich faul oder egoistisch nicht viel. Die Generation Z hat die Möglichkeit auszuwählen, wo sie arbeiten möchte und optimiert dies definitiv in Bezug auf Arbeitskultur, Arbeitszeit und Aufgaben. Dies finde ich sogar spannend und alles andere als faul, denn sie ist bereit Vollgas zu geben, wenn der Rahmen stimmt.

    Mit welchen Adjektiven würden Sie die Gen Z und ihre Forderungen beschreiben?
    Selbst verwirklicht. Flexibel. Sinnstiftend. Psychologisch sicher. Digital. Man möchte etwas bewegen. Und man möchte sehen, wie man sich selbst schnell weiterentwickeln kann.

    Kritik an der Jugend ist ein uraltes Phänomen. Die aktuellste Jugend ist immer die schlechteste. Wieso ist die Debatte um die Gen Z heute dennoch so kontrovers und überall in den Medien präsent?
    Wir müssen verstehen, dass sich der Kontext verändert hat. Einerseits die technologischen Möglichkeiten, mit dem Smartphone, Social Media und neuen Kommunikationsformen sowie Interaktionsformen. Andererseits hat sich der Arbeitsmarkt gedreht und die demografische Entwicklung zeigt nun ihre klaren Auswirkungen. Die Jungen sind am längeren Hebel. Und haben einen anderen Arbeitsstart als die vorherige Generation. Das löst viele Emotionen, Debatten und Fragezeichen auf.

    Weshalb hält die Gen Z trotz starker Kritik an ihrem Willen fest, die Arbeitswelt verändern zu wollen?
    Weil die vielen Aussagen oftmals eine Kritik sind, jedoch keine Lösung zu einem effektiv vorliegenden Problem. Ich kann etwas nicht gut finden, jedoch ändert sich die Ausgangslage nicht. Die Jungen können aktuell ihre Forderungen, oftmals auch rebellisch, durchsetzen. Sie haben bei vorherigen Generationen gesehen, was es bedeutet, zu viel Stress zu haben, zu wenig Work-Life-Balance, mit Burnouts konfrontiert zu sein und oftmals haben sie auch gehört, dass viele Erwachsene gar nicht so zufrieden mit ihrem Job sind. Das wollen sie ändern und ich finde das super. Vor allem dürfen wir nicht vergessen, dass alle Generationen aktuell die Arbeitswelt verändern wollen. Die Jungen stehen jedoch oftmals im Brennpunkt.

    Inwiefern haben Krisensituationen wie der Ukraine-Krieg, die Corona-Pandemie und der Klimawandel die Gen Z beeinflusst?
    Es hat die Generation Z insofern beeinflusst, dass sie gar nicht mal so einen positiven Blick auf die gesellschaftliche Zukunft haben. Zudem sind sie von der Corona-Pandemie teilweise sehr stark betroffen. Was wir nun auch unter anderem in psychologischen Herausforderungen sehen können. Es hat der Generation Z einen Realitätscheck gegeben, jedoch darf man auch hier nicht vergessen, dass andere Generationen ebenfalls mit Krisen umgehen mussten.

    Glauben Sie, dass die sozialen Medien die Haltung der Gen Z noch verstärken?
    Ja, absolut. Social Media ist ein Multiplikator für diese Forderungen und für die Lösungsansätze! Wir dürfen hier nicht nur an utopische Vorstellungen denken, sondern eben auch die Chance sehen, dass viele Unternehmen als Vorreiter die neue Arbeitswelt kreieren und durch Social Media weit verbreiten, das ist super, denn so bewegt sich was.

    Heute überlegt sich nicht die Gen Z, wie sie am besten bei Arbeitgebenden ankommt, sondern Arbeitgebende überlegen sich, wie sie am besten die Gen Z für sich gewinnen können. Was halten Sie persönlich von dieser Wendung?
    Auch wenn es hart klingt, es ist die Realität. Es ist der aktuelle Jobmarkt und es ist der Wettbewerb, der herrscht. Auch hier können wir zwar Kritik ausüben, aber ändern tun wir an der Situation nichts. Ich finde es super, wenn Unternehmen sich bewerben müssen und allgemein attraktiver werden müssen. Um in Zukunft zu überleben, müssen Unternehmen ihre Kultur optimieren, ausbauen und ihre Führungskräfte dazu befähigen, diese Kultur stets zu optimieren. Ich denke, das führt zu mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz in der ganzen Schweiz.

    Was raten Sie Unternehmen, um attraktiver für die Gen Z zu wirken?
    Unternehmen sollten sich fragen, ob sie genügend schnell im Bewerbungsprozess sind, ob sie genügend flexibel in der Weiterentwicklung von jungen Talenten sind, und ob sie klar in ihren Werten, Visionen und Anforderungen in den Arbeitsstellen sind. Es ist wichtig, dass eine hohe psychologische Sicherheit herrscht und jeder Tag inspirierend ist. Ich empfehle zudem einen cleveren Einsatz von Social Media, denn diese Tools können sehr zentral sein in der Suche von jungen Talenten. Das Top-Management soll sich um folgende drei Themen kümmern: Employer Branding, Führungsentwicklung und die Einbindung von neuen Technologien.

    Was wünschen Sie sich in Zukunft von der Gen Z?
    Ich würde mir wünschen, dass die Generation Z mehr Geduld aufbringt, um vor allem auch den Vorteil von Geduld sieht. Harte Arbeit ist das eine, aber Geduld haben, bis sich diese harte Arbeit auszahlt, ist das andere. Wir haben viele junge, geniale Talente hier in der Schweiz, von denen wir das volle Potenzial ausschöpfen sollen. Wir brauchen ein Champions-Mindset, auch in der jungen Generation, und vor allem ein grosses Chancen-Denken. So bringen wir die Schweiz in die Zukunft.

    Lilly Rüdel

    Vorheriger ArtikelGlücklich, allein zu sein
    Nächster ArtikelJenseits von Gut und Böse