Plädoyer für eine vernünftige Asylpolitik


    Kolumne


    Das Thema «Asyl» kehrt mit Wucht auf die politische Agenda zurück. Doch viele wissen gar nicht, was ein Flüchtling eigentlich ist. Wir müssen die echten Flüchtlinge schützen und Missbrauch verhindern. Ein Beitrag für eine sachliche Diskussion dieser emotionalen Frage.

    (Bild: zVg) Dr. Adrian Schoop ist Unternehmer und FDP-Grossrat.

    Weil Kriegsvertriebene aus der Ukraine in die Schweiz kommen, diskutieren wir plötzlich wieder breiter über die Asylpolitik – das ist gut so. Doch das Thema polarisiert. Und das hat damit zu tun, dass viele gar nicht wissen, was ein Flüchtling wirklich ist. Um eine sachliche Debatte zu führen, müssen wir deshalb zuerst ein paar Dinge klarstellen. Die Asylgesetzgebung unterscheidet Asylsuchende im Verfahren (Ausweis N), anerkannte Flüchtlinge (Ausweis B, Jahresaufenthaltsbewilligung, oder Ausweis C, Niederlassungsbewilligung) und abgewiesene Asylbewerberinnen und -bewerber, deren Wegweisung teilweise vorübergehend ausgesetzt worden ist (Ausweis F, vorläufige Aufnahme). Für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge wurde ausserdem erstmals der Schutzstatus S aktiviert, der einen «vorübergehenden» Schutz gewährt und kollektiv gilt, also ohne die sonst übliche individuelle Abklärung der Asylgründe; dies als Folge eines das ganze Land überziehenden Angriffskrieges eines Nachbarstaates.
    Der klassische Flüchtling im Sinne der Asylgesetzgebung und der Asylkonvention ist in seinem Heimatland an Leib und Leben bedroht – etwa aufgrund seiner politischen Anschauung oder seiner ethnischen Zugehörigkeit. Allerdings ist dieser Typus sehr selten geworden. Die meisten Menschen, die in der Schweiz um Asyl ersuchen, sind entweder Kriegsvertriebene oder Migrantinnen und Migranten, die auf der Suche nach einem materiell besseren Leben sind. Man spricht in diesem Zusammenhang oft auch von «Wirtschaftsflüchtlingen».

    Die Folgen dieser Entwicklung liegen auf der Hand: Die Asylstrukturen werden von Menschen belastet, die keine Flüchtlinge im ursprünglichen Sinne der Asylgesetzgebung oder der Flüchtlingskonvention sind. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass wir genügend Platz schaffen für echte Flüchtlinge und dass wir Missbrauch verhindern. Wir müssen unsere Asylgesetzgebung endlich konsequent vollziehen und abgewiesene Asylsuchende effektiv auch wegweisen. Die humanitäre Tradition der Schweiz, die sich über Jahrzehnte bewährt hat, bedeutet Schutz vor Verfolgung und Gefährdung an Leib und Leben. Selbstverständlich gehören dazu der Zugang zu medizinischer Versorgung, ein Dach über dem Kopf, Lebensmittel sowie Bekleidung. Nicht dazu gehört jedoch ein sofortiger Anspruch auf ein materiell besseres Leben. Vielen der 8 Milliarden Menschen auf der Welt geht es schlechter als uns Schweizerinnen und Schweizern. Die Schweiz ist daher ein ausserordentlich begehrtes Zielfluchtland für Menschen, die auf eine bessere Zukunft hoffen. Es liegt auf der Hand, dass die ohnehin schon sehr dicht bevölkerte Schweiz nicht alle diese Menschen aufnehmen kann.

    Reisen ins Heimatland widersprechen dem Asylgedanken
    Ein aktueller Diskussionspunkt, der mich beschäftigt, sind die Auslandreisen von Flüchtlingen. Manche Asylbewerberinnen und -bewerber und vorläufig Aufgenommene fordern offensiv, dass sie uneingeschränkt reisen dürfen, selbst in ihr Heimatland. Das ist ein Widerspruch in sich selber. Wie kann man in das Land reisen, das man angeblich fluchtartig verlassen musste, um in der Schweiz Schutz vor Verfolgung durch eben dieses Land zu suchen?

    Es kommt immer wieder vor, dass Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene in die Heimat reisen, wo sie angeblich politisch verfolgt sind. Das widerspricht dem Asylgedanken und darf nicht toleriert werden. In meiner Firma gab es den Fall eines Eritreers, der im November, als es kalt wurde, nicht mehr hier auf der Baustelle arbeiten und nach Eritrea zurückkehren wollte. Nachdem ihm eine sogenannte «Rückkehrberaterin» des Kantons den Flug organisiert hatte, wollte er dann plötzlich nicht mehr zurück. Heute lebt er wohl von der Sozialhilfe. Da stellt sich generell die Frage: Kann es in Eritrea wirklich so gefährlich sein, wenn Flüchtlinge freiwillig für irgendwelche Festivitäten oder sonstige temporäre Anlässe zurückreisen wollen?

    Politiker stehen in Verantwortung
    Wir müssen uns allerdings vor Pauschalverurteilungen hüten. Aktuell beschäftige ich zwei Eritreer, die hervorragende Arbeit leisten. Trotzdem ist es eine Tatsache, dass vier von fünf Eritreerinnen und Eritreer in der Schweiz von Sozialhilfe leben. Die Sozialhilfequote bei den anerkannten Flüchtlingen ist mit über 80 Prozent generell viel zu hoch. Das ist nicht nur die Schuld von Migrantinnen und Migranten – in der Verantwortung stehen auch die Politikerinnen und Politiker, die das zulassen. Wir brauchen eine Migrationspolitik, die darauf ausgerichtet ist, diese Menschen in den Arbeitsprozess zu integrieren. Integration in die Gesellschaft funktioniert nur über Arbeit und das Beherrschen der Landessprache. Die Politik muss entsprechende Anreize schaffen, um die Sozialhilfequote von Flüchtlingen zu reduzieren. Ausserdem sind Abgewiesene konsequent zurückzuschaffen. Denn sie tragen massgeblich zur Übernutzung der Asyl- und Sozialstrukturen bei – und gefährden so die Aufnahme echter Flüchtlinge, die unseres Schutzes bedürfen. Nur wenn wir diese dringend nötigen Anpassungen vornehmen, können wir unsere wertvolle humanitäre Tradition in die Zukunft retten.

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