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Kurz nach der Erstveröffentlichung des nachfolgenden Interviews mit Dr. Barbara Müller, Naturwissenschaftlerin, Geologin und Kantonsrätin, wurde diese ohne Angaben von Gründen aus der SP Sektion Aadorf und somit aus der SP Schweiz ausgeschlossen. Erfahren hat Barbara Müller dies per E-Mail. Was passiert da gerade in der SP, dass engagierte Politikerinnen die sich gegen Diskriminierung einsetzen, aus der Partei rausgeworfen werden?
Die Masken sind im öffentlichen Raum grossmehrheitlich gefallen und die Corona-Massnahmen aufgehoben. Was bedeutet das für Sie und Ihre Lebensqualität?
Dr. Barbara Müller: Da stellte sich erstmal ein Gefühl von Befreiung ein – im Sinne von: Hat endlich die Vernunft wieder Einzug gehalten? Mir ist jedoch eines klar: Die politische Situation ist nicht bereinigt, noch herrscht die besondere Lage. Die Aufarbeitung ist letztlich unumgänglich. Der Druck auf die Verantwortlichen muss daher aufrecht erhalten bleiben.
Sie sind promovierte Naturwissenschaftlerin mit Abschluss in Chemie, Physik und Mathematik und üben Kritik an den Zahlen des BAG sowie am PCR-Test. Erklären Sie uns Ihre Sicht als Wissenschaftlerin?
Das BAG hat nie verlässliche Daten publiziert, womit eine umfassende und den Tatsachen entsprechende Darstellung der Lage möglich gewesen wäre. Wer ist an oder mit Covid-19 gestorben? PCR-Test sagen nichts über eine Infektiosität aus – trotzdem wurde mit den sinnentleerten Fallzahlen Panik verursacht. Für eine asymptomatische Übertragung fehlen jegliche Beweise.
Ebenso empfinden Sie die Massnahmen unverhältnismässig und übte als Thurgauer SP-Kantonsrätin oft Kritik. Wie ist hier Ihre politische Haltung und was ist für Sie eine politisch sinnvolle Pandemiebewältigung?
Mit den Massnahmen wurde bar jeglicher Evidenz und Verhältnismässigkeit völlig übertrieben. Die einzig sinnvolle Bewältigung ist eine lückenlose Aufarbeitung durch eine ausserparlamentarische Untersuchungskommission. Hierzu gehört auch, die Verantwortlichen für das Desaster zur Verantwortung zu ziehen.
Wie hat Ihre Partei auf Ihre Kritik reagiert?
Sehr ungehalten, mir wurden seit November 2020 jegliche Gespräche hierüber verweigert. Für mich war die Haltung der Partei eine Katastrophe, eine freie Meinungsäusserung wurde verunmöglicht. Kritiker wurden mundtot gemacht.
Sie habe eine Behinderung (unter anderem eine Sehbeeinträchtigung) und haben selbst die Erfahrung gemacht, dass Menschen mit einem Dispens ausgeschlossen und deren medizinische Gründe ignoriert werden. Was ist für Sie persönlich am Schlimmsten daran?
Die Diskriminierung, Diffamierung und Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung in einem für mich nie gekannten Ausmass. Jeder, der über einen Dispens irgendwelcher Art verfügte, wurde gleich als Verweigerer bezeichnet. Zustände, die in einem demokratischen Rechtsstaat, der die Schwachen schützen sollte, unwürdig sind.
Sie stellen fest, dass die Ausgrenzung auch in der Medizin keinen Halt macht. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Ja, leider und das gilt für viele Menschen mit Behinderung. Bei mir wurden unlängst in einem Spital im Berner Oberland Therapien abgebrochen, da plötzlich die Maskendispense nicht mehr respektiert wurden. Eine Schande für unser Medizinsystem, das ja angeblich auf Hilfeleistung und Schutz von Vulnerablen ausgerichtet ist.
Was erwarten Sie von unserer Gesellschaft und Politik bezüglich des Umgangs mit Menschen, die über eine Masken-, Impf- oder Testdispens verfügen?
Dass diese Dispense schlicht und ergreifend respektiert werden. Zwingend muss hier – und im Herbst ist wohl ein weitere «Welle» zu erwarten – ein Ausweis geschaffen werden, mit dem von einer zentralen Stelle bescheinigt wird, dass Dispense vorhanden sind, ohne dass Namen von Ärzten oder Diagnosen darin erscheinen.
Momentan scheint die Masken- und Zertifikatspflicht Vergangenheit zu sein. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Dass ein von der Vernunft geleiteter Umgang wieder möglich ist ohne Diskriminierung. Eine Wiedergutmachung welcher Art auch immer, die den Opfern der unsäglichen Kollateralschäden zugutekommt. Keine dieser evidenzlosen Massnahmen mehr generell. Verantwortliche haben zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Interview: Corinne Remund